Simultan Becky Beasley Katinka Bock Harald Klingelhöller Fred Sandback
03.09.10 – 28.09.10 Group Exhibition Meyer Riegger, Berlin
Wir freuen uns, mit der Gruppenausstellung „Simultan“ Werke der vier Künstler Becky Beasley, Katinka Bock, Harald Klingelhöller und Fred Sandback in unseren Berliner Galerieräumen zusammen zu führen. Aus unterschiedlichen Generationen hervorgehend und mit verschiedenen Medien arbeitend, verbindet diese Künstler ein narrativ-abstrakter Umgang mit Bildhauerei, Sprache und Raum. Die plastische Skizzierung oder Verkörperung eines Bildes im Raum, und so auch das Übersetzen von Sprache in Raum mit …
Wir freuen uns, mit der Gruppenausstellung „Simultan“ Werke der vier Künstler Becky Beasley, Katinka Bock, Harald Klingelhöller und Fred Sandback in unseren Berliner Galerieräumen zusammen zu führen. Aus unterschiedlichen Generationen hervorgehend und mit verschiedenen Medien arbeitend, verbindet diese Künstler ein narrativ-abstrakter Umgang mit Bildhauerei, Sprache und Raum. Die plastische Skizzierung oder Verkörperung eines Bildes im Raum, und so auch das Übersetzen von Sprache in Raum mit skulpturalen Mitteln bildet hierbei einen Ausgangspunkt, die Nähe zwischen Literatur und Kunst, wie auch das Zusammenfallen von Bild und Skulptur zu beleuchten. Der Titel der Ausstellung „Simultan“ bezieht sich dabei nicht nur auf eine in den künstlerischen Arbeiten artikulierte Überlagerung oder Gleichzeitigkeit. Er kennzeichnet viel mehr Verbindungslinien, ganz so, wie es die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann in ihrer gleichnamigen, 1972 verfassten Erzählung „Simultan“ umschreibt: als eine Begegnung von Sprachen, die erst in ihrer Verflechtung Substanz und Gestalt annehmen.
Die frei im Ausstellungsraum hängenden oder am Boden zueinander arrangierten Skulpturen von Harald Klingelhöller (*1954) erscheinen wie Versatzstücke einer assoziativ erzählten Geschichte: Im Prozess der Bearbeitung von sprachlichem Ausdruck und skulpturaler Form generiert der Künstler Objekte, die er aus dicht hintereinander gestaffelten, aus Wellpappe oder Papier ausgeschnittenen Buchstaben konstruiert und als Sprachformationen im Ausstellungsraum positioniert. Der Titel der einzelnen Arbeit bezeichnet nicht nur seinen Gegenstand, er zeigt zugleich auch die – in Fragmenten oder Wiederholung auftretende – Folge der Buchstaben an, die den Körper des Objekts herausbilden. Sätze und Worte, die Substanz verschiedener Werkgruppen sein können, erzeugen so analog – in der Überlagerung von Sprache, Schrift und skulpturalem Körper – eine narrative Beschreibung von Raum. Die Werkauswahl für die Ausstellung Simultan zeigt Arbeiten aus verschiedenen Schaffensperioden Klingelhöllers. Sie betont den Umgang des Künstlers mit Transformation und Weiterführung von sprachlicher Struktur in plastische Form. So wird bei ’On an endless visible plane’ eine gleichnamige Arbeit, dargestellt auf der aufgeschlagenden Katalogseite, weiterentwickelt indem die Halterung die kreuzförmige Struktur der hängenden Version von ’On an endless visible plane’ wieder aufgreift. In ’Über schmelzendem Schnee, Schrankversion’ werden die Maße des Textkörpers selbst in Abmessungen der Schubladen zum Teil einer plastischen Arbeit transformiert.
Katinka Bock (*1976) öffnet die Formen ihrer Skulpturen in den Raum hinein, lässt deren Körper und Materialität in Wechselwirkung mit dem das an sie angrenzende Umfeld treten. Neben dem Einbezug von Elementen nutzt die Künstlerin bei der Umsetzung ihrer Arbeiten so auch elementare Eigenschaften wie Anziehung, Abstoßung, oder intendiert das Eingehen von Verbindungen, wobei das Zusammenwirken und die Veränderbarkeit von Objekt und Raumgefüge oft eine von Reaktion geprägte Formfindung mit sich bringt. „Geschwister (Rom)“ beispielsweise ist aus zwei nahezu identisch großen, handgeformten Tonflächen entstanden, die sich zeitgleich – jedoch unter verschiedenen Raum- und Wetterbedingungen – über den Verlauf einer voran gegangenen Ausstellung in Rom verändert haben. Die in der Folge gebrannten Tonobjekte lassen hier nun ihre Entwicklung sichtbar werden: Während das eine einer zusammenhängenden, zergliederten Fläche gleicht, sind vom anderen nur noch amorph geformte Bruchstücke übrig. Der dabei zwischen den Objekten angedeutete Handlungsverlauf – der als Spur verbleibt und den Prozess der Umformung kennzeichnet – tritt dem Betrachter als lyrisch-abstrakte Ausformulierung entgegen, die sich ebenso im Auflösen wie im Werden befindet.
Den minimalistisch angelegten Raumkonzepten von Fred Sandback (1943-2003) gehen Zeichnungen voraus, die als Skizzen das Verhältnis der jeweiligen Architektur des Ausstellungsraumes und den darin von ihm eingezogenen Raumachsen verdeutlichen. Mit einfachen Materialien wie Gummibändern, Wollfäden oder Stahlseilen überführt der Künstler die Zeichnung in den Raum, die dort als plastische Linie oder als geometrisch ausgerichtetes Liniengefüge entlang der Wand oder in den Raum hinein gespannt erscheint. Fred Sandbacks Skulpturen beschreiben dabei weder einen positiven, noch einen negativen Raum: sie markieren, grenzen ein, öffnen, ja definieren Raum, den Sandback als Differenz und Gefüge von Verknüpfungen kenntlich macht. Die Materialität des jeweiligen Seils geht dabei eine Wechselwirkung mit dem darauf fallenden Licht ein. Reflexion, Schattenwurf und das Herausbilden von Umrissen und Silhouetten machen gleichsam die Struktur und Haptik des Materials deutlich, wie sie dieses auch auflösen, vom Raum entbinden und als Abstraktion zum Zeichnerischen rückführen.
Becky Beasley (*1975) arbeitet mit den Medien Fotografie, Skulptur und Text, die sie in einer konzeptuellen, mitunter (auto)biografisch ausgerichteten Bildformulierung vereint. Aus Literatur oder Interviews entnommene Textfragmente – so von dem Pianisten Glenn Gould („Curtains“) – ordnet sie ihren Objekten oder Bildern als eine Art Stimme zu, welche diese als abstraktes Portrait oder assoziative Inszenierung erscheinen lassen. Die achtteilige Holzskulptur „Brocken“ ist in Korrespondenz zu Auszügen einer Unterhaltung mit dem Literaten Thomas Bernhard zu lesen, die Beasley nahezu rhythmisierend – abgeleitet von dem Sprach- und Schreibstil Bernhards – der Anzahl der Objekte ihrer Werkserie zugeteilt hat. Die Proportionen der feingliedrigen Holzarbeit basieren auf der Armspanne des Vaters der Künstlerin, wobei sich die Teilstücke der als Folge angelegten Objekte in verschiedenen Variationen entlang der Wand entfalten und die ums Scheitern kreisende Erzählung des Textes plastisch spiegeln.
Christina Irrgang
We are pleased to present the group show ’Simultan’ (’simultaneous’), featuring work by the four artists Becky Beasley, Katinka Bock, Harald Klingelhöller and Fred Sandback in our Berlin gallery space. What connects these artists from various generations using different media is a narrative, abstract use of sculpture, language and space. The three-dimensional sketch or embodiment of an image in space, as well as the translation of language into objects using the means of …
We are pleased to present the group show ’Simultan’ (’simultaneous’), featuring work by the four artists Becky Beasley, Katinka Bock, Harald Klingelhöller and Fred Sandback in our Berlin gallery space. What connects these artists from various generations using different media is a narrative, abstract use of sculpture, language and space. The three-dimensional sketch or embodiment of an image in space, as well as the translation of language into objects using the means of sculpture is a point of departure for casting light on the affinity of literature and visual arts, as well as the concurrence of picture and sculpture. Thus the show title ’Simultan’ not only refers to a an overlapping or concurrency within the artistic works. It serves more poignantly to denote conduits as the author Ingeborg Bachmann paraphrased in her eponymous short story ’Simultan’, which was written in 1972: as a conflation of languages, which only take on shape and substance in the process of interweaving.
Harald Klingelhöller’s (*1954) sculptures, free-hanging or arranged on the floor seem like set pieces from a story told associatively: In the process of working with linguistic expression and sculptural shape the artist generates objects which he constructs out of letters cut from densely layered corrugated cardboard and paper, positioned as linguistic formations in the showroom. Each piece’s individual title not only refers to its subject, it also displays the sequence of letters which form the object’s corpus – in fragments or repetition. Sentences and words which are the substance of various groups of works thus analogously create a narrative description of space, by layering language, writing and sculptural shape. The selection of works in this exhibition shows pieces from various creative periods of Klingelhöller’s. It emphasises the artist’s practise of transforming and reworking linguistic structures into sculptural forms. For example, in ’On an Endless Visible Pane’ an eponymous piece is shown on an opened catalogue page, its derivative’s mount quotes the cross-shaped structure of the hanging version of the piece. In ’Über schmelzendem Schnee, Schrankversion’ (’on melting snow, cabinet version’) the measurements of the text body are transformed to parts of a sculptural work in the shape of drawers.
Katinka Bock (*1976) presents her sculptures in a spatially open and non-isolated fashion, their physicality and materiality engage in reciprocal interaction with their surroundings. Along with the inclusion of surrounding elements, in assembling her work the artist utilises elementary properties like attraction and rejection, she causes alliances to be formed in which the synergy and mutability of an object and its surrounding space entails a shape characterised by reactivity. ’Geschwister (Rom)’ [’Siblings (Rome)’], for example, is composed of two hand-shaped clay objects, nearly identical in size and shape, which were altered simultaneously – however, under different room and weather conditions – in the course of a prior exhibition in Rome. The clay sculptures, since fired, now reveal their natural development. While one of them resembles a cohesive, fragmented surface, only amorphous fragments remain of the other. The course of events thus intimated in the objects, which remain as traces and mark the process of transformation face the viewer in a lyrically abstract shape, in equal parts in a state of dissolving and coming into being.
The minimalistic spatial concepts of Fred Sandback (1943-2003) are based on drawings, which highlight the proportions of architecture and the spatial axes he installs. With simple materials such as rubber bands, woolen strings or steel cables the artist transports his drawings into three-dimensionality, where they appear as sculptural lines or geometrical linear structures along a wall or spanned within the room. Fred Sandback’s sculptures do not describe positive or negative space: they denote, demarcate, open, even define space, which Sandback identifies as the balance and framework of connections. The material appearance of each cord interacts with the light that falls on it. Reflection, shadow, the shaping of outlines and silhouettes make the structure and texture of the material visible, while also dissolving it, detaching it from space, and leading it back to its origins in drawing as an abstraction.
Becky Beasley (*1975) works with the media of photography, sculpture and text, which she unites in a conceptual, sometimes (auto-)biographical visual practise. Text fragments taken from literature or interviews – such as with the pianist Glenn Gould (’Curtains’) – are assigned to her objects or pictures as a kind of voice, causing these to appear as abstract portraits or associative enactments. The eight-part wooden sculpture ’Brocken’ is to be seen in correspondence with excerpts from a conversation with the author Thomas Bernhard, which Beasley almost rhythmically – recalling Bernhard’s writing style - allocated to the objects in this series of works. The proportions of the delicate wooden pieces are based on the span of her father’s arms, the individual parts, arranged as a sequence in developing in differing versions along the wall sculpturally reflect the narrative of the text, which revolves around failure.
Christina Irrgang
translation by Zoe Miller











